Energiewende ist mit hoher Versorgungssicherheit möglich

In letzter Zeit wurden vermehrt kritische Stimmen laut zur Versorgungsicherheit der Energiestrategie 2050. Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist zwar tats?chlich sehr anspruchsvoll, jedoch sogar mit steigender Zuverl?ssigkeit m?glich. Dies zeigt eine neue Analyse der Netzbetreiber.

Vergr?sserte Ansicht: Stromleitungen und Windkrafträder
Auch wenn in Zukunft ein gr?sserer Anteil unseres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird, bleibt die Versorgungssicherheit erhalten. (Bild: iStock.com)

Die Energiewende ist in Europa in vollem Gang, Schrittmacher sind die Klimaziele der EU. Stromkonzerne legen alte Kraftwerke wegen fehlender Wirtschaftlichkeit oder wegen ihrer CO2-Emissionen still und bauen die dezentrale erneuerbare Erzeugung massiv aus. Infolge dieser Ver?nderungen steigen die Anforderungen an die für eine zuverl?ssige Versorgung verantwortlichen ?bertragungsnetzbetreiber (in der Schweiz ist das Swissgrid). Jüngst publizierten sieben zentraleurop?ische ?bertragungsnetzbetreiber (aus BE, FR, AT, CH, DE, NL und LU, darunter Swissgrid), gemeinsam eine Arbeit, in der sie untersuchten, ob unter allen Bedingungen und zu allen Zeiten genügend Strom produziert werden kann, um die Nachfrage zu decken (1).

Stundengenaues Ausbalancieren

Produktionsschwankungen der erneuerbaren Energien, extreme Wetterlagen wie lange anhaltende K?lteperioden (wie zum Beispiel im Winter 2012), geplante und ungeplante Abschaltungen von grossen Kraftwerken, wetterbedingte Wassermengen-Schwankungen und temperaturabh?ngige Verbrauchswerte beeinflussen Erzeugung und Verbrauch.

Die erneuerbaren Energien aus Wasser, Wind und Sonne haben im Gegensatz zu anderen Energiearten keine Grenzkosten. Das heisst, dass bei einem Wasser-, Wind- und Sonnenkraftwerk keine Kosten entstehen, wenn die Produktion gesteigert wird. Dies führt aus ?konomischen Gründen dazu, dass unabh?ngig von Zuverl?ssigkeitsüberlegungen (oder, wie oft behauptet wird: von Subventionen) immer ein Maximum dieser erneuerbaren und fluktuierenden Energien ins Netz eingespeist wird. Entsprechend wichtig ist eine vorausschauende Planung der Zuverl?ssigkeit des Gesamtsystems.

Die Untersuchung der Netzbetreiber wurde für die aktuelle Situation (2015/2016) und für die Jahre 2020/2021 durchgeführt auf Basis der bekannten Kraftwerks-Zu- und Abg?nge und der existierenden und geplanten Netzausbauten. Als Mass für die Zuverl?ssigkeit der Versorgung gelten die Anzahl Stunden pro Jahr, w?hrend denen die Erzeugung den Bedarf nicht decken kann (die ?Loss of Load Expectation?, abgekürzt LOLE).

Ermutigende Ergebnisse mit ?berraschungen

In einem Referenz-Szenario werden operationelle Produktionsreserven (für die kurzfristige Ausbalancierung) nicht berücksichtigt, strategische Reserven (für vorhersehbare Engp?sse) hingegen schon. Für die gesamte Region resultiert damit für 2015/2016 ein geringer LOLE von 28 Stunden, verursacht haupts?chlich von Frankreich und in geringem Mass von Belgien. Für 2020/2021 reduziert sich das auf 10 Stunden. Diese Werte sind ein Hinweis auf die Schwachstellen des Systems, sie k?nnen jedoch mit operationellen Reserven und Nachfragemanagement überbrückt werden. Die übrigen L?nder wie die Schweiz k?nnen durch grenzüberschreitenden Austausch den Bedarf jederzeit decken.

Die Studienautoren untersuchten auch in einer Art Stresstest den hypothetischen Fall einer national autonomen Energieversorgung. Insbesondere kleinere L?nder würden dabei sehr grosse Produktionsdefizite aufweisen. Für die Jahre 2015/2016 h?tte dabei Luxemburg mit 8760 Stunden LOLE die h?chste Unterversorgung, an zweiter Stelle folgt die Schweiz mit 1251 Stunden. Dieses hypothetische Schweizer Defizit würde sich bis 2020/2021 auf 1086 Stunden reduzieren. Der Produktionsmix wird dann mehr Solar- und Wind- und weniger Kernenergie aufweisen (Abschaltung des Kernkraftwerks Mühleberg). Diese Verbesserung wird im Bericht nicht weiter erkl?rt, der Grund dürfte sein, dass die meist kurzfristigen Schwankungen der Erneuerbaren leichter mit Wasserkraft ausreguliert werden k?nnen als ein l?nger dauernder Ausfall eines Grosskraftwerks. Zusammenfassend l?sst sich also sagen: Entgegen oft ge?usserten Meinungen  kann sich die Versorgungssicherheit auf dem Weg zur Energiestrategie 2050 bei sorgf?ltiger Planung sogar verbessern.

(1) ?Generation Adequaty Assessment? (externe SeitePdf)

Veranstaltung: Stromnetz der Zukunft

Das Energy Science Center (ESC) der ETH Zürich organisiert am 18. Juni 2015 eine Veranstaltung zum Thema ?Stromnetz der Zukunft?.

Weitere Informationen sowie die Anmeldung finden Sie hier.

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